Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Jugend und Klima, Chronik eines lebhaften Abends

Swissinfo Redaktion

Neulich hat mich Julie, eine Freundin aus meiner Jugend, eingeladen zum Geburtstag ihres Freundes Guillaume. Alle Freunde Guillaumes würden dort sein, und ich machte mir etwas Sorgen, sie zu treffen; alles freundliche Leute zwar, die jedoch das Auto inbrünstig als Symbol ihrer individuellen Freiheit betrachten. Ich hingegen fühle mich freier im Bus – keine Parkprobleme, kein Verkehrsstress – und fragte mich, wie ich mit dieser Gruppe einen guten Abend verbringen könnte… Julie beharrte darauf, dass ich kommen sollte, und aus Freundschaft stimmte ich schliesslich zu.

Um 20h17 hatte ich die gegenseitigen Vorstellungen geschafft und erste freundliche Worte ausgetauscht, ein paar Gläser halfen dabei, die Diskussionen im Fluss zu halten. Dies war der Moment, in dem Guillaume anfing, mich wohlwollend über meine Aktivitäten auszufragen:

Ich habe auf Facebook gesehen, dass du an die COP23 gehen wirst. Ich dachte, dass die COP21 das Thema Klimawandel bereits geregelt hat, wieso braucht es denn eine COP23?

– Seit 1995 gibt es jedes Jahr eine COP, dies wird die 23. sein. Es stimmt, die COP21 hat zwar die Annahme des Pariser Abkommens ermöglicht, aber die Regeln für die Umsetzung müssen noch festgelegt werden. Jetzt müssen wir von der Strategie zu konkreten Aktionen übergehen, das ist das Ziel der COP23!

– Ja, ok, aber welche Glaubwürdigkeit hast du denn, dorthin zu gehen. Ich meine, du bist doch keine Diplomatin!

Swiss Youth For ClimateExterner Link ist eine neutrale Nichtregierungs-Organisation. Gegründet wurde sie 2015. Ihr Hauptziel ist es, der Jugend einen Platz in der politischen Debatte zum Klimawandel zu geben.

– Daher gehe ich auch mit einem Verein, mit Swiss Youth for Climate, und unser Ziel ist es, die Stimme der Jugend beim Thema Klimawandel einzubringen. Die Jugend macht 50% der Weltbevölkerung aus. Unsere Generation ist die erste, die unter den Folgen des Klimawandels leidet und die letzte,  die noch handeln kann. Es ist daher wirklich wichtig, dass wir anwesend sind. Zudem stehen gewisse Aspekte wie Bildung und Sensibilisierung für den Klimawandel auf der Verhandlungsagenda der COP23. Dies sind Themen, die unsere Generation besonders betreffen.

– Sicher, aber warte, wenn wir die letzte Generation sind, die handeln kann, warum dann darauf pochen? Was mich persönlich angeht, wenn man mir sagt, dass ich Krebs habe und noch sechs Monate zu leben habe, werde ich das Leben geniessen und nicht in meinem Spitalzimmer bleiben!

– Du kannst den Klimawandel nicht mit einem unheilbaren Krebs vergleichen! Und es ist etwas egoistisch, so zu denken. Wenn du heute mehr natürliche Ressourcen verbrauchst, als die Natur produzieren kann, schaffst du eine Diskrepanz zwischen den heutigen und den künftigen Generationen, denn diese werden unter den Folgen deines übermässigen Verbrauchs leiden. Dabei gibt es Lösungen, die es allen Generationen, denen von heute genauso wie den künftigen, möglich machen, gut und mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt zu leben. Dies zu berücksichtigen wird als Solidarität zwischen den Generationen bezeichnet.

– Ok, dann ist der Klimawandel in der Tat also eher so etwas wie eine starke Grippe, ist es das? Und die COP23 wird das Wundermittel sein?

– Kein Wundermittel, denke ich, aber sie kann vielleicht das Fieber etwas senken helfen. Denn weisst du, bei der COP geht es nicht nur um Verhandlungen über die Reduktion der CO2-Emissionen, auch andere Fragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel kommen zur Sprache:  Die Stellung der Frau, indigene Völker, Gesundheit, die Beziehungen zwischen reichen und armen Ländern, Klimagerechtigkeit und natürlich auch Finanzierung. All dies braucht Zeit, und man muss Kompromisse finden, aber die Mühe lohnt sich, findest du nicht?

– Du hast wirklich auf alles eine Antwort. Aber glaubst du ehrlich, dass du die Welt retten kannst?

– Ach, ob ich ganz allein die Welt retten kann, weiss ich nicht, aber indem ich auf meinem Niveau handle, und wenn alle, die heute Abend hier sind, dies auch tun, kann man es sicher schaffen!

Fazit: Der Klimawandel betrifft uns alle, und es gibt vielfältige Lösungen, ihn anzugehen. Mit Swiss Youth for Climate setzen wir uns dafür ein, aufzuzeigen, dass diese Lösungen auch eine Chance sind, eine gerechtere und widerstandsfähigere Gesellschaft aufzubauen. Wir lancieren aber auch einen Aufruf an unsere Institutionen: Seien Sie ehrgeizig und bieten Sie den jungen Menschen einen Platz an Ihrer Seite an, um die Welt von morgen aufzubauen.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

COP23

Die 23. Weltklimakonferenz (COP23Externer Link) findet vom 6. bis 17. November 2017 in Bonn statt. Zentrales Thema ist dabei die Umsetzung des Klimaübereinkommens von Paris. Das internationale Abkommen zielt darauf ab, die globale Erwärmung auf weniger als 2°C zu begrenzen.

Die Schweiz wird laut Bundesamt für UmweltExterner Link insbesondere eine Verstärkung der Marktmechanismen und die Entwicklung sektorspezifischer Ansätze unterstützen, namentlich für die Landwirtschaft, die Luft- und die Seefahrt.

Übertragung aus dem Italienischen: Rita Emch

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft