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Asylsuchende leiden laut Studie oft unter Stress und Depressionen

Das lange Warten auf einen Asylentscheid und die Angst vor der Rückschaffung führen bei Flüchtlingen oft zu einer Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit. (Symbolbild) Keystone/GIAN EHRENZELLER sda-ats

(Keystone-SDA) Das lange Warten auf einen Asylentscheid und die Angst vor der Rückschaffung führen bei Flüchtlingen oft zu einer Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit. Dies ist der Befund einer Untersuchung von Psychologen der Universitäten Genf und Neuenburg.

Die drei Forscherinnen der Universitäten Genf (UNIGE) und Neuenburg (UNINE) haben ein gutes Dutzend Studien ausgewertet und zusammengefasst, die zwischen 2007 und 2017 in verschiedenen europäischen Ländern, darunter die Schweiz, durchgeführt wurden. Die Arbeit zeigt auf, dass posttraumatische Belastungsstörungen wie Depressionen bei Migranten durch schwierige Aufnahmebedingungen verstärkt oder neu ausgelöst werden.

Die Dauer des Asylverfahrens, die Furcht vor der Rückschaffung und die Konfrontation mit Vorurteilen oder Diskriminierung seien zermürbend und überforderten die Widerstandsfähigkeit der Flüchtlinge, schreiben die Forscherinnen in einer Mitteilung vom Freitag. Die meisten von ihnen verkrafteten die Situation schlecht: Alkoholismus, Depressionen, Atemprobleme oder psychosomatische Schmerzen seien die Folge.

Diese psychosomatischen Beschwerden seien echte Schmerzen, aber meist ohne körperlichen Grund. Sie seien Ausdruck der psychologischen Hilflosigkeit und Not, verknüpft mit den Schwierigkeiten der Migration, hielt Gail Womersley von der Universität Neuenburg fest. Sie hat die Flüchtlinge direkt in Lagern in Athen befragt und ist überzeugt, dass diese Beschwerden durch bessere Empfangsbedingungen zum Teil vermieden werden könnten.

Hohe Hürden

Die Ungewissheit über den künftigen Aufenthaltsstatus, namentlich der Ausweis F der vorläufigen Aufnahme, der jeweils nur für die Dauer eines Jahres ausgestellt werde, versperrt laut den Forscherinnen vielen Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Der Ausweis sei bei den Arbeitgebern kaum bekannt, weshalb viele sehr zurückhaltend mit der Anstellung von Flüchtlingen mit Ausweis F seien, obwohl diese rechtmässig arbeiten dürften.

Die Asylbewerber seien somit mit widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert und seien gefangen zwischen der Anforderung an eine rasche Integration und den Hürden, die ihnen eben für diese Integration in den Weg gestellt würden. Laut den Forscherinnen der Universitäten Genf und Neuenburg müssten die Wartezeiten gekürzt und eine integrative Politik eingeführt werden, welche den Flüchtlingen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft zurückgeben würde.

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