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Patty Schnyder – Hoffnungsträgerin im Teilzeitpensum

(Keystone-SDA) 2011 trat Patty Schnyder zurück. Sie hatte die Nase voll. Sechs Jahre später ruhen am Frauenturnier in Gstaad wieder alle Schweizer Hoffnungen auf ihren Schultern. Eine ausserordentliche Geschichte!

Erstaunlich ist insbesondere, wie Patty Schnyder zum Tennis zurückgefunden hat. Anderthalb Jahre lang spielte sie nach dem Rücktritt überhaupt kein Tennis mehr. Dann verletzte sie sich beim Mountainbiken an der Schulter schwer. Mehr aus Neugier, ob sie nach der Verletzung überhaupt noch spielen könne, griff sie wieder zum Racket. Der Spass kehrte zurück. Erst wollte Patty aber ein Kind. Tochter Kim Ayla kam im November 2014 zur Welt. Danach wurde das Comeback, das im Sommer 2015 erfolgte, in Angriff genommen. “Nach der Schwangerschaft wollte ich um jeden Preis wieder fit werden. Sonst kann man ja gar nichts mehr machen. Und so versuchte ich es halt wieder gegen die Profis.”

Über 40 Turniere seit Comeback

Über 40 Turniere spielte Schnyder in den letzten zwei Jahren – zuerst nur in Europa, dann in Tunesien, Thailand, Japan, Brasilien, den USA, Dubai und China. Dennoch sagt Schnyder: “Ich führe kein Profileben – ganz und gar nicht.” Für sie ist Tennis noch ein 50-Prozent-Job; nur der Vormittag steht fürs Training zur Verfügung. “Und so ist es halt nicht einfach, im Ranking hochzukommen. Als Mama in meinem Alter ist das ein äusserst schwieriges Unterfangen. Aber ich habe in den letzten zwei Jahren schon viele gute Matches gespielt. Ich bin überzeugt, dass ich an einigen Tagen viel besser spielen kann, als mein Ranking je wieder sein wird.”

“Der Spass und die Leidenschaft, sich nochmals mit den Profis und den Besten messen zu wollen – das ist das, was dazu führt, dass ich dann zwischendurch mal so ein Spiel (wie am Dienstag in Gstaad gegen Sadikovic) gewinne.”

Als Analystin fürs Schweizer Fernsehen SRF schätzt Schnyder seit Jahren die Schweizer Spielerinnen ein. Wie schätzt sie sich im Moment selber ein? Spielt sie schon fast wieder so gut wie vor sechs Jahren, als sie fast nur noch und vor allem den Spass verlor? “Das glaube ich nicht. Und ich hoffe auch nicht, dass ich damals schon so schwach war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Patty von 2017 gegen die Patty von 2011 eine Chance gehabt hätte.”

Vergangenheit kein Thema

Aber mit der Vergangenheit beschäftigt sich Schnyder ohnehin nicht. In ihrem Porträt bei der WTA steht zwar noch, sie schreibe an ihrer Autobiografie (“The White Mile”). Das Buch wird aber nie erscheinen. Generell werde sie, so Schnyder, immer weniger auf die Vergangenheit angesprochen, “weil die Leute mittlerweile wohl wissen, dass ich diese Fragen nicht beantworte”.

Dafür spricht Patty Schnyder gerne über die Gegenwart. Dass sie zwar zuweilen auch Alters-Bresten habe, dass diese aber nach einem Tag Pause meist wieder weg wären. Dass sie das Gefühl habe, in den letzten Jahren nichts an Schnelligkeit eingebüsst zu haben. Am Dienstag schlug sie mit Tempi von bis zu 180 km/h auf. Auch das gelang ihr vor sechs, sieben Jahren nicht regelmässig.

Für den Achtelfinal vom Donnerstag rechnet sich Patty Schnyder durchaus Siegchancen aus. “Vor einem Jahr spielte ich in Stuttgart gegen Antonia Lottner und gewann 6:3, 6:1. Erst danach ist sie aber so richtig durchgestartet.”

Und wie lange startet Patty Schnyder noch durch? “Diese Frage kann ich nicht beantworten. Es ist überhaupt nichts festgelegt. Mein Gefühl wird mir sagen, wann fertig ist.”

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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