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Lehrerpräsident fordert Anlaufstellen in Kantonen für Nörgel-Eltern

Beat Zemp, Präsident des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH). (Archivbild) KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE sda-ats

(Keystone-SDA) Schulen sehen sich zunehmend mit Mehrarbeit wegen Klagen und Rekursen von Eltern konfrontiert. Lehrerpräsident Beat Zemp hat deshalb in einem Interview Anlaufstellen in den Kantonen gefordert, an die sich Eltern im Streit mit der Schule wenden können.

Es brauche in den Kantonen unabhängige Ombudsstellen für Eltern, wenn diese sich ungerecht behandelt fühlten, sagte der seit 1990 amtierende Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz in einem am Samstag publizierten Interview der “Schweiz am Wochenende”. So könnten Konflikte frühzeitig gelöst und eine Eskalation verhindert werden.

Eltern würden sich heute schneller mit Lehrpersonen streiten als noch vor zehn Jahren, sagte der 63-jährige Zemp. “Wenn ihnen etwas nicht passt, reklamieren sie.” Oft ginge es um Übertrittsentscheide ans Gymnasium, aber auch um einzelne Prüfungen oder Teilnahme an Klassenlagern und am Schwimmunterricht.

Die Folgen seien deutlich mehr administrativer Aufwand. Lehrer müssten heute viel genauer dokumentieren, wie der Leistungsstand jedes Kindes sei. Eine Prüfung werde nicht einfach korrigiert und zurückgegeben, sondern der Lehrer müsse diese kopieren und ablegen. Wenn eine Bewertung angefochten werde, müsse alles gut dokumentiert sein.

Druck auf junge Lehrer

Der Druck wachse besonders auf junge Lehrer: “Gerade Entscheidungen von jungen Lehrpersonen werden von überkritischen Eltern hinterfragt oder nicht akzeptiert, auch wenn sie völlig korrekt sind.” Vor dem ersten Elternabend hätten viele Berufsneulinge schlaflose Nächte. Zemp spricht sich für ein Pflichtmodul “Elterngespräch” an Pädagogischen Hochschulen aus, wo dem Thema bereits heute starke Beachtung geschenkt wird.

Laut Zemp unterstützen die meisten Eltern die Schule, doch ihm zufolge gibt es “eine kleine Minderheit” von Nörgel-Eltern, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Der Lehrerpräsident äusserte Verständnis für Eltern, die um die Schulkarriere ihres Nachwuchses bemüht seien. Weniger Verständnis habe er allerdings, wenn erzieherische Massnahmen angefochten würden, sei es beim Verhalten in der Pause, beim Umgang mit dem Handy oder bei der Erreichbarkeit von Lehrpersonen und Schulleitern.

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