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Kopf explodiert nach 9 Minuten und 56 Sekunden

Glaubt man dem Volksmund, steht ein prächtiger Sommer bevor, : Der Kopf des Bööggs am Zürcher Frühlingsfest Sechseläuten explodierte bereits nach 9 Minuten und 56 Sekunden. KEYSTONE/ENNIO LEANZA sda-ats

(Keystone-SDA) Der Zürcher Böögg verabschiedet den Winter: Bereits nach 9 Minuten und 56 Sekunden ist am Montagabend der Kopf des Schneemanns explodiert. Der Sommer soll gut werden – auch wenn für die nächsten Tage noch einmal eher winterliches Wetter angesagt ist.

Der Böögg hatte in diesem Jahr kein langes Leben. Nach wenigen Minuten brannte der auf dem zehn Meter hohen Scheiterhaufen stehende Schneemann bereits lichterloh. So schnell explodierte auch schon lange kein Kopf mehr: Nur einmal in den letzten zehn Jahren dauerte es weniger als zehn Minuten.

Der stattliche Schneemann ist 3,40 Meter gross, hat einen Körperumfang von 2,80 Meter und wiegt etwa 80 Kilo. In seinem Körper sind jeweils zahlreiche Schweizerkracher, Kanonenkracher und Donnerschläge versteckt.

Bereits nach sechs Minuten begann es zu knallen, noch während die Reitergruppen von Constaffel und anderen Zünften dreimal um den Böögg ritten. 3500 Zürcher Zünfter – vorab Männer – zogen am Nachmittag in historischen Kostümen durch die Stadt.

Bei strahlend schönem Wetter säumten tausende Schaulustige die Strassen. Unter den Ehrengästen am Umzug waren etwa die Bundesräte Alain Berset (SP) und Johann Schneider-Ammann (FDP). Auch Schlagersängerin Beatrice Egli, der Berner Mundartschriftsteller Pedro Lenz oder Stararchitekt Santiago Calatrava liefen mit und liessen sich haufenweise Blumen schenken.

Heiliges Glarnerfeuer als Zunder

Angezündet wurde der Scheiterhaufen dieses Jahr vom Glarner Landammann Rolf Widmer. Glarus war Gastkanton an diesem Sechseläuten, und es war nicht irgend eine Flamme, die dem Böögg den Garaus machen sollte. Das Feuer kam vom “Fridlisfüür”.

Dahinter steckt ein Glarner Frühlingsbrauch, bei dem ebenfalls der Winter vertrieben wird. Jeweils am 6. März feiern die Gemeinden im Kanton nämlich mit grossen Feuern den Schutzpatron Fridolin. An diesem 6. März waren ein katholischer und ein reformierter Pfarrer aus Glarus mit dem “Fridlisfüür” extra nach Zürich gefahren.

Seither brannte das Feuer der Gäste an einer roten Kerze im Zürcher Grossmünster. Vor dem Umzug holte die Zunft Wiedikon das Feuer ab. Der Glarner Landammann war Ehrengast dieser Zunft.

Schlechter Wetterfrosch

Der Volksmund sagt: “Je schneller der Böögg verbrennt, desto schöner und länger dauert der Sommer”. Dieses Versprechen konnte der Schneemann in den letzten Jahren jedoch häufig nicht einlösen. 2015 etwa kündigte er mit rund 20 Minuten einen ziemlich miesen Sommer an – dieser ging dann aber als einer der wärmsten in die Geschichte ein.

Letztes Jahr explodierte der Kopf des Schneemanns so spät wie noch nie: Geschlagene 43 Minuten dauerte es, bis es knallte – wegen des starken Regens nur dank reichlich Brandbeschleuniger. Miserabel sollte der Sommer also werden. Nach einem harzigen Start war es letztes Jahr aber bis im September hochsommerlich warm.

Das Sechseläuten geht zurück auf einen jahrhundertealten Brauch: Wenn im alten Zürich die Abende wieder heller wurden und die Kirchenglocken erstmals wieder um 18 Uhr statt schon um 17 Uhr zum Feierabend läuteten, trafen sich die Jungen auf den Plätzen und zündeten Scheiterhaufen mit Strohmännern an.

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