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Kastanie “Lüina” ist die Obstsorte des Jahres 2019

Im Alter zeigt die "Lüina" ihre typische Baumform mit ihrer ausladenden, nicht sehr hohen Baumkrone. Fructus sda-ats

(Keystone-SDA) Die Kastanie “Lüina” ist am Samstag in Cademario TI zur Obstsorte des Jahres 2019 gekürt worden. Während Jahrhunderten waren Kastanien als Grundnahrungsmittel auf der Alpensüdseite von grosser Bedeutung.

Auch das Landschaftsbild in Cademario ist von der Kastanie geprägt, wie Fructus, die Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten, mitteilte. In dem Tessiner Dorf sowie in Biasca stehen auch die nationalen Kastanien-Sortensammlungen.

Rund sieben Jahrhunderte lang waren Kastanien für das Überleben der ländlichen Bevölkerung in vielen Regionen der Alpensüdseite grundlegend. Dabei entwickelte sich eine komplexe Kastanienkultur, die auf dem Anbau verschiedener Sorten beruhte. Zu den Sorten, die nachweislich seit dem 13. Jahrhundert im bündnerischen Misox und im Tessin angebaut wurden, gehört die “Lüina”.

Perfekt angepasst

Sie war eine der beliebtesten Sorten und stellt wenig Ansprüche. Im Lauf der Zeit passte sie sich den oft extremen Standorten perfekt an. Die Bäume wachsen in Höhenlagen von 300 bis 1000 Metern. Gut gepflegt und ohne Konkurrenz durch andere Waldbäume gedeihen sie auch auf kargen Böden und in steilem Gelände.

Die eher kleine Nussfrucht der “Lüina” ist den Angaben gemäss aromatisch und süss. Zum Trocknen lässt sie sich leicht von der Schale trennen. Frisch ist sie gut zum Braten. Daneben liefern die Bäume Brenn- und gutes Bauholz, denn das Holz ist ohne Konservierung witterungsbeständig.

Noch 102 Kastaniensorten

Ungefährdet ist die “Lüina” nicht. Während des Kastanienrindenkrebses der 1950-er Jahre gingen tausende von Kastanienbäumen zugrunde, darunter auch “Lüina”-Bäume. Ein grosser Teil der Kastaniensorten verschwand sogar gänzlich. Da die Kastanie ihre Bedeutung als Grundnahrungsmittel verlor, wurden auch die überlebenden Sorten kaum mehr weiter veredelt.

Zu den aktuellen Bestrebungen zur Förderung der Kastanienkultur gehört darum auch die Erhaltung der noch überlebenden Sorten. In den beiden nationalen Kastaniensammlungen sind 102 alte Sorten erhalten.

“Lüina” und einige andere Sorten werden trotz anhaltender Probleme mit Kastanienkrankheiten in der kantonalen Forstbaumschule vermehrt. Die Jungbäume dienen zum Aufforsten erhaltenswerter Kastanienhaine, sogenannter Selven.

Keine Konkurrenz für Marroni

Absatz findet die “Lüina” wie alle anderen alten Kastaniensorten auf den lokalen Märkten und für die Produktion von Spezialitäten. Gegen die grossen Marroni aus dem Süden sind die alten Sorten aber kaum konkurrenzfähig.

Die Edelkastanie gehört zur Familie der Buchengewächse. Die als Alleebäume verbreiteten Rosskastanien hingegen gehören zu einer anderen Familie, den Seifenbaumgewächsen. Neben der Edelkastanie liefern auch die Japanische und die Chinesische Kastanie essbare Früchte.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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