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Endlich Zeit für den Sturz der Herrschaft von Tom Brady

(Keystone-SDA) Tom Brady ist der ungeliebte Herrscher über den wichtigsten Sport Amerikas. Nun kommt aber einer, der als Nachfolger des legendären Quarterbacks prädestiniert ist. Heute kommts zum Generationenduell.

Manche nennen ihn einen Freak. Nicht etwa, weil Patrick Mahomes ein ausgeflippter Typ wäre oder sich sonst irgendwie daneben benehmen würde. Der 23-jährige Quarterback der Kansas City Chiefs ist vielmehr athletisch derart begabt, dass es eben fast schon unnatürlich ist. Er vereint alles auf sich, was ein Top-Spielmacher auf sich vereinen sollte. Sein Wurfarm ist etwas vom stärksten, was es je gegeben hat. Er ist dazu schnell, beweglich und – so deutet es zumindest seine erste Saison als Starter an – auch mental belastbar.

Am Sonntagabend muss Mahomes nun seine bisher schwierigste Prüfung bestehen. Im Playoff-Halbfinal sind die New England Patriots um Superstar Tom Brady zu Gast. Die beiden Klubs könnten unterschiedlicher kaum sein. Auf der einen Seiten die übermächtigen Patriots mit dem berüchtigten Coach Bill Belichick, der für einen Sieg jeden halbwegs erlaubten Kniff anwendet, und dem 41-jährigen Tom Brady. Sie haben zusammen fünf Super Bowls gewonnen, das Finalspiel drei weitere Male erreicht und stehen zum achten Mal in Folge im Playoff-Halbfinal. Auf der anderen Seite die Chiefs, die seit 49 Jahren auf eine Teilnahme an der Super Bowl warten.

Eine Saison für die Geschichte

Dies könnte aber eine neue Version von Kansas City sein – und der Grund heisst Patrick Mahomes. Vor einer Woche gewannen die Chiefs erstmals seit 1993 wieder ein Playoff-Heimspiel. Und Mahomes hat eine der besten Quarterback-Saisons aller Zeiten. Als zweiter Spieler nach Peyton Manning gelangen ihm in einer Saison 50 Touchdown-Pässe (in 16 Spielen) und mindestens 5000 Yards. Er war vor einem Jahr als Nummer 10 im Draft gezogen worden, spielte vergangene Saison das letzte Spiel und stieg erst auf dieses Jahr zum Stamm-Quarterback auf

Mahomes scheint in der Lage zu sein, Brady dereinst als erfolgreichster Spieler der Geschichte abzulösen. Bill Belichick, kein Mann der grossen Worte, lobt ihn in den höchsten Tönen. “Ich bin kein Anhänger von Vergleichen”, sagt der Coach der New England Patriots. “Er ist ein ausserordentlicher Spieler in jeder Facette des Sports. Er hat einen grossartigen Arm, kann über die ganze Länge des Feldes werfen. Er hat guten Touch und liest das Spiel hervorragend. Er fällt gute Entscheide ohne zu grosse Risiken einzugehen.” Brady auf der anderen Seite zeigte unverkennbare Zeichen seines Alters.

Playoff-Könige Brady und Belichick

Doch Vorsicht: In den Playoffs laufen Brady und Belichick regelmässig zur Topform auf. Sie haben die Fähigkeit, die Taktik ihrer Gegner auf fast schon unheimliche Art zu durchkreuzen und dafür zu sorgen, dass diese nicht ihr bevorzugtes Spiel aufziehen können. Einen kleinen Vorgeschmack gab es bereits in der regulären Saison. Mahomes warf früh zwei Interceptions, steigerte sich dann aber gewaltig. Am Ende gewann New England zuhause einen spektakulären Schlagabtausch 43:40. Am Sonntag wird aber in Kansas City vor 80’000 lauten Fans in Rot gespielt. Es werden eisig kalte Temperaturen erwartet, doch das dürfte für die Patriots kein Problem sein. Auch sie spielen ihre Heimspiele im Winter im Freien und oft bei Schnee und Eis.

Die äusseren Verhältnisse könnten sogar eher ein Nachteil für das Heimteam sein. Ihr Coach Andy Reid ist ein Offensiv-Guru mit spektakulären Spielzügen, die unter dem Wetter eher leiden könnten als die eher konservative, aber krisenerprobte Taktik der Patriots. Reids Bilanz gegen Belichick liest sich denn auch deutlich negativ (2:6). Wie in vielen Sportarten gilt auch im Football die Regel: Offensive gewinnt einzelne Spiele, Defensive Meisterschaften.

Für Tom Brady stellt sich in jeden Playoffs von Neuem die Frage: Ist das seine letzte Chance, um seinen Trophäenschrank weiter aufzufüllen? Ähnlich wie Roger Federer scheint er aber sämtliche Regeln des Alterns ausser Kraft zu setzen. Mahomes hingegen dürfte noch viele weitere Chancen auf Super-Bowl-Ringe erhalten. Bei ihm lautet die Frage: Ist er schon reif, um das Zepter von Brady zu übernehmen?

Die einzigen Zweifel an seinem Erfolg kreisten um die Frage, ob er auch ein Team führen kann, wie das Brady seit fast zwei Jahrzehnten tut. In dieser Saison stellte er seine Leaderqualitäten aber eindrücklich unter Beweis. Er hielt sich aus sämtlichen Negativ-Schlagzeilen heraus, ist immer noch mit seinem Schulschatz liiert und dürfte den Titel des MVP gewinnen. Die richtig zählenden Spiele kommen aber erst.

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